Interview mit Sänger und Gitarrist Hubertus Kahl

Von Florian Pflüger
In regelmäßigen Abständen geben Musikbands aus der Region Konzerte im Offenburger Gefängnis. Am Donnerstagabend hatten die »Kranzlers« aus Willstätt ein Gastspiel in der JVA mit Rock und Rock ’n’ Roll. Warum es für das Trio eine gute Erfahrung war und warum die »Kranzlers« so etwas ohne Weiteres wieder machen möchten, verrät Sänger und Gitarrist Hubertus Kahl (46).

Herr Kahl, waren Sie am Donnerstag eigentlich das erste Mal im Gefängnis?
Hubertus Kahl: 2010 haben wir beim Jailhouse Festival von Hitradio Ohr im alten Gefängnis gespielt. Bassist Stefan Berg und Schlagzeuger Christian Grob waren damals bei der Eröffnung der neuen JVA dabei. Aber ich war jetzt zum ersten Mal in diesem imposanten Bau.

Wie kam es zu dem Auftritt in der JVA?
Kahl: Es gibt den Kunst- und Literaturverein für Gefangene im Ruhrgebiet, der solche Veranstaltungen organisiert und der uns schon vor einer Weile für das Konzert angefragt hat. Wir haben gesagt: Das passt. Johnny Cash oder Metallica haben ja auch schon im Gefängnis gespielt. Es geht darum, dass die Inhaftierten Abwechslung haben. Ich glaube an das Sprichwort: Musik kann zwar nicht die Welt retten, aber vielleicht die Seele. Emotional ist es die stärkste Form der Kunst.

War bei Ihnen die Anspannung im Vorfeld größer als bei anderen Auftritten?
Kahl: Ja und nein. Wenn man vor so einem speziellen Publikum spielt, hinter Mauern, ist das natürlich schon etwas anderes als sonst. Es war auch klar, dass wir einen straffen Zeitplan einhalten mussten.

Wie war es von der Atmosphäre? Wie haben sich die Häftlinge verhalten?
Kahl: Uns wurde gesagt, dass es die bislang am besten besuchte Veranstaltung war. Es waren überwiegend junge Männer, für die ist es eine willkommene Abwechslung. Die Leute selber sind aber etwas verhaltener. Sie mussten halt sitzen. Normalerweise ist Party angesagt, wenn wir spielen. Die Zuhörer waren jedenfalls alle anständig, alle nett – und Beifall gab es auch genügend.

Hatten Sie denn die Möglichkeit, sich mit den Häftlingen zu unterhalten?
Kahl: Nein, gar nicht. Das hat uns die Gefängnisleitung aber auch schon im Vorfeld gesagt. Nach dem Konzert ist ein Häftling zu uns vorgekommen und hat sich bedankt. Aber die meisten sind in der Gruppe sehr reserviert, auch weil es verschiedene Gruppierungen gibt.

Würden Sie so etwas noch mal machen?
Kahl: Absolut. Da habe ich keine Berührungsängste. Viele von den Häftlingen haben ja auch wirklich nur Pech. Viele werden in die kriminelle Schiene reingeboren oder haben den falschen Freundeskreis. Musik kann da unheimlich viel bewegen. Es ist ein Ventil.

Autor:
Florian Pflüger
Offenburger Tageblatt